Anwendungsbereiche von Digital Identities: Physische Identitäten digital repräsentieren – und schützen
Anwendungsbereiche von Digital Identities:
Physische Identitäten digital repräsentieren – und schützen
Mit der aktuellen Weiterentwicklung der europäischen Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS) kann europaweit eine anerkannte und sichere digitale Identität kommen. Digitale Identitäten sind dabei schon lange gang und gäbe – vom E‑Mail-Account, über Social Media bis zu digitalen Behördengängen: Die Nutzung digitaler Dienste erfordert einen Identitätsnachweis. Die dafür nötige Identifikation und Authentifizierung ist abhängig vom dafür genutzten Dienst an verschiedene Schutzniveaus gekoppelt. Unternehmen, die Dienste anbieten wollen, für die digitale Identitäten notwendig sind – für Mitarbeiter, Partner und Kunden – müssen die Voraussetzungen kennen.
Eine digitale Identität stellt die digitale Repräsentation einer physischen Identität dar. Letztere kann ein Mensch sein, aber auch eine Institution, eine Maschine oder ein Server. Im Gesundheitswesen können z. B. Praxen, Krankenhäuser oder Apotheken eine digitale Identität erhalten. Sie stellt in diesem Kontext eine Sammlung von Attributen in elektronischer Form dar, die eine natürliche oder juristische Person charakterisieren – das können Name, Adresse und Geburtsdatum sein, aber auch Benutzername oder Emailadresse. Eine digitale ID muss eindeutig sein, da sie sonst nicht zuordenbar ist; der Prozess der ursprünglichen Identifizierung wird ins Digitale übertragen– für die Erst-Identifikation benötigt es eine Registrierung; die Wiedererkennung erfolgt durch die Authentifizierung. Aus gesellschaftlicher Perspektive gibt es drei Formen von Identitäten: Echte, selbstkonstruierte und anonyme, wobei Letztere zum Beispiel auf Social Media eine teilweise kontroverse Rolle spielen.
Einsatzmöglichkeiten digitaler Identitäten
Digitale Identitäten sind als Grundlage bzw. digitale Repräsentation für digitale Dienste und Prozesse notwendig. Sie kommen überall dort zum Einsatz, wo digitale Dienste angeboten werden und personalisiert sind, was die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung von Daten erfordert. Digitale Dienste haben diverse Ausprägungen – vom Social-Media-Benutzerkonto, über Online-Accounts im E‑Commerce, bis hin zum Online-Banking oder digitalen Behördengängen über eGovernment-Angebote. Wie beim Personalausweis kann der Anwendungsbereich einer digitalen Identität über eine reine Identifikation hinausgehen und zum Beispiel eine Altersprüfung möglich sein.
Die zunehmende Digitalisierung erschließt weitere Einsatzmöglichkeiten einer digitalen Identität: Die europäische eIDAS (Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste) schafft hier einheitliche Rahmenbedingungen für die Nutzung elektronischer Identifizierungsmittel und Vertrauensdienste über Grenzen hinweg. 2020 wurde die Überarbeitung der eIDAS-Richtlinie gestartet, sie ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Ziel ist es, europaweit ein sicheres EU-Identity-Wallet anzubieten. Die eID ist damit das virtuelle Pendant eines Ausweises. Sie soll eine Identifikation und Authentifizierung ermöglichen, eine Überprüfung der Gültigkeit durch Dritte sowie die sichere Speicherung und Darstellung der Identitäten. Außerdem soll sie es erlauben, qualifizierte elektronische Signaturen zu generieren. Dieses digitale Pendant zur Unterschrift erlaubt auf digitaler Ebene rechtsgültige Vertragsabschlüsse.
Die eIDAS gibt auch vor, dass die EU-Mitgliedstaaten den Bürgern die digitale Identität zur Verfügung stellen müssen; auch die vorgesehene Akzeptanzpflicht kann dazu beitragen, dass andere digitale Identitäten wegfallen. Einkäufe im Ausland oder die Abholung eines Mietwagens könnten damit vereinfacht werden, da die digitale Identität Prozesse effizienter macht. Denn digitale Dienste sind im Vergleich zu analogen Prozessen mit einer Kostenreduktion verbunden; der User profitiert stark von einer einfacheren und bequemeren Handhabung, etwa, wenn sich Behördengänge von zu Hause aus erledigen lassen.
Anders als bei digitalen Identitäten über Google oder Facebook kann durch die Behörden sichergestellt werden, dass der Datenschutz nach DSGVO eingehalten wird. Im Gesundheitswesen sollen digitale Identitäten auf dem Smartphone perspektivisch die elektronische Gesundheitskarte ablösen – aktuell kann dies aber noch nicht realisiert werden.
Sicherheit und Schutz des Users
Ein mögliches Angriffsszenario, das digitale Identitäten in besonderem Maße betrifft, ist der Diebstahl in Form von Impersonation bzw. Identitätsdiebstahl. Das Schadenspotenzial reicht dabei von Hasskommentaren auf Social Media bis zum Zugriff und Missbrauch von persönlichen Daten etwa bei Bankgeschäften oder vertraulichen Gesundheitsdaten. Während der analoge Personalausweis den Missbrauch durch Diebe wegen des darauf abgebildeten Fotos limitiert, sieht der Fall online anders aus. Die digitale Identität muss also besonders geschützt werden. Schutzmaßnahmen können zum Beispiel sichere Passwörter sein oder eine Zweifaktor-Authentifizierung, wie sie bereits im Online-Banking zum Beispiel mit Passwort einerseits und zusätzlicher TAN-Generierung auf einem externen Gerät andererseits stattfindet. Der Hardwaretoken in Smartcards stellt als zertifizierte Ausführung ein Höchstmaß an Sicherheit dar.
Standardisierte Vertrauensniveaus
Das Sicherheitsniveau hängt vom Einsatzzweck der digitalen Identität ab und wird in der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1502 geregelt. So liegen zum Beispiel im Online-Banking oder im Gesundheitsbereich besonders sensible, personenbezogene Daten vor, die eines hohen Schutzniveaus bedürfen. Die Verordnung definiert drei standardisierte Vertrauensniveaus: niedrig, substantiell und hoch. Ein niedriger Schutzbedarf entspricht einer Ein-Faktor-Authentifizierung, wie sie in Social Networks oder Foren geläufig ist. Substanziell wird der Schutz durch die bereits genannte Zwei-Faktor-Authentifizierung. Ein hoher Schutz, wenn etwa Gesundheitsdaten betroffen sind, muss allerdings noch stärker abgesichert sein, zum Beispiel mit einem Pass samt Foto und biometrischen Merkmalen. So können Identifizierungen über Video-Ident- oder Post-Identverfahren erfolgen.
Je höher das Sicherheitsniveau, desto komplizierter gestaltet sich allerdings dessen technische Umsetzung. So bringen hochpreisige Smartphones zertifizierte Sicherheitskomponenten mit – während in günstigeren Endgeräten jedoch minderwertigere biometrische Sensoren verbaut werden, die leicht manipulier- oder überbrückbar sind. Sie verfügen also über keine geschützten Speicherbereiche. Smartcards in Gesundheitskarten können dagegen mit ihren Chip-Prozessoren kryptografisches Schlüsselmaterial verwenden und speichern. Damit stellen die dahinterliegenden Infrastrukturen die Echtheit sicher.
Das Zukunftspotenzial digitaler Identitäten
Die Digitalisierung nimmt zu, all ihre Dienste erfordern eine digitale Identität und diese sind bereits weit verbreitet: Im Schnitt hat jeder Bürger 90 digitale Identitäten. Dabei können digitale und analoge Welt verschmelzen, etwa, wenn Zutrittskontrollen in Unternehmen digitalisiert sind und den Nachweis einer digitalen Identität erfordern, oder wenn in Arztpraxen die Gesundheitskarte als ID eingelesen wird. Hier werden Medienbrüche als Hemmnis wahrgenommen, etwa wenn Papierdokumente als Scans bei Krankenkassen eingereicht werden sollen. Digitale Identitäten und die damit mögliche Zuordnung machen die Digitalisierung solcher Prozesse überhaupt erst möglich. Im Bereich eHealth können Ärzte so z. B. Rechnungen und Rezepte digital signieren und versenden.
Unternehmen wiederum können digitale Identitäten in der Breite für Kunden und Mitarbeiter, Endkunden oder Partner nutzen. Damit kann zum Beispiel die Urlaubsbeantragung über ein Portal erfolgen. Nicht zu vernachlässigen sind auch denkbare Anwendungsmöglichkeiten für die Kundenbindung: Denn über digitale Dienste, die Kunden nutzen, lassen sich nicht zuletzt Informationen über deren Verhalten gewinnen – um damit das eigene Angebot besser zuschneiden und optimieren zu können. Dabei müssen sich Unternehmen der verschiedenen Sicherheitsniveaus allerdings zwingend bewusst sein. Nutzerfreundlichkeit ist zwar wichtig – ebenso aber auch der digitale Schutz vor Identitäts- und Datenraub. Ist dieser nicht gewährleistet, können gravierende Auswirkungen die Folgen sein. Ein Beratungsunternehmen wie die SRC GmbH kann hier helfen, Lösungen – kostenpflichtige wie open source – zu beleuchten, Zertifizierungen zu prüfen und die Konformität und damit Rechtssicherheit sicherzustellen.
Fazit
Ohne digitale Identitäten läuft im Internet nichts – digitale Dienste erfordern initial eine Identifikation des Users und für die Weiternutzung eine Authentifizierung zum Beispiel über Passwörter mit zusätzlicher TAN-Generierung im Rahmen von Multifaktor-Verfahren. Von der Art des Dienstes und der dabei genutzten Daten hängen die Erfordernisse an die Sicherheit ab, die über drei Niveaus sichergestellt wird. Unternehmen, die digitale Dienste nutzen wollen, müssen deswegen die Voraussetzungen kennen um die Anwendungspotenziale für Kunden, Partner oder Lieferanten zu nutzen.
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Autor: Nico Martens, Berater SRC Security Research & Consulting GmbH
Weitere Informationen: https://src-gmbh.de/
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